ERFT-KURIER
Brülls „Knospenbaum“ darf wieder erblühen
Sandra Schmitz liebt Kunst. Vor allem Kunst und Kunstgeschichte, die eng mit ihrem Heimatort Wevelinghoven und dem Familienbetrieb verwoben sind, haben es der Kunstsammlerin angetan. Hierbei entwickelt die Chefin der „Erft-Ruhe“ wahren Ehrgeiz und detektivisches Talent. Regelmäßig recherchiert sie seit vielen Jahren rund um die Familien- und Heimatgeschichte.
Durch Helmut Coenen, der 2022 den „Rheinlandtaler“ vom Landschaftsverband Rheinland für sein ehrenamtliches Engagement für die Region verliehen bekommen hat, wurde ihr Interesse auf ein ganz besonderes Kunstwerk gelenkt. „Helmut Coenen, der im Laufe seines langjährigen Einsatzes, viele historische Orte, Objekte und Themen in Wevelinghoven entdeckt und damit zu neuem Leben ver- holfen hat (Stichwort das „das alte Pastorat“, die ehemalige Trauerhalle am Klosterweg oder „Klönen bei Kruchens“), machte mich auf die Edelstahl-Skulptur des 2019 verstorbenen Künstlers Will Brüll aufmerksam, die einst unter dem Namen ,Knospenbaum‘ auf dem Wevelinghovener Marktplatz stand“, erinnert sich Sandra Schmitz.
Damals war die Edelstahlkonstruktion Teil eines Brunnens. Die Skulptur, die im Zuge der Neugestaltung des Marktplatzes vor circa 15 Jahren entfernt wurde und dann zunächst eine neue Heimat als Teil eines Kunstpfades an der Erft bekam, galt zuletzt als verschollen. Ein klarer Fall für Sandra Schmitz, die sich umgehend auf die Suche nach dem Kunstwerk begab. „Eigentlich war der damalige Standort am Kunstpfad nicht legal“, weiß Sandra Schmitz.
Das Forstamt Mönchengladbach hatte vor Jahren zwar eine Genehmigung für „Kunst im Wald“ erteilt, diese galt allerdings der Holz-Skulptur „Der blaue Turm“ von Horst Lerche. Als dieses Kunstwerk durch die Witterung quasi in sich zusammenfiel, stellte man kurzer Hand den Knospenbaum dort auf. Der Standort war jedoch schlecht gewählt und setzte das Kunstwerk in kein vorteilhaftes Licht. „Es kam wie es kommen musste und der Knospenbaum musste erneut umziehen“, sagt Sandra Schmitz.
2016 planten dann die „St. Augustinus“-Kliniken als Betreiber des Seniorenstiftes „St. Martinus“ am Klosterweg, die damals bereits stark vergammelte Brüll-Skulptur wieder in Stand zu setzen und auf ihrem Gelände in der Nähe der Erft aufzustellen. „Doch am Ende wurde daraus leider auch nichts und das Kunstwerk verschwand zunächst einmal in der Versenkung.“ Bis zu dem Tag, als Sandra Schmitz mit Helmut Coenen in ihrer Gaststätte ins Gespräch kam. Das war im vergangen Jahr. „Ich habe ein sehr gutes Netzwerk und das hat mir bei der Suche nach dem Knospenbaum geholfen.“ Ein guter Freund fand schlussendlich das Kunstwerk in der alten Schokoladenfabrik „Novesia“ in Neuss. „Es lag draußen in einem furchtbaren Zustand und war stark zugewuchert“, sagt Sandra Schmitz.
Mit Hilfe eines weiteren Freundes, der über die entsprechenden technischen Hilfsmittel verfügte, konnte der Knospen- baum geborgen und gesichert werden. Nun lagert er an einem geheimen Ort und wurde bereits von Grünspan und Kalkresten befreit. Nach Absprache mit der Will-Brüll-Stiftung und der Stadt Neuss soll nun der Knospen- baum im kommenden Jahr in neuem Glanze und an seinem endgültigen Standort in Wevelinghoven als Dauerleihgabe der Stadt zurückkehren – und das wird auf dem Gelände der „Erftruhe“ sein. „Viele Menschen und lokale Unternehmen haben mich bei diesem Projekt unterstützt. Das war wirklich klasse.“ Darunter ist auch der Bürger-Schützen-Verein Wevelinghoven. Dieser ist bereits seit rund 70 Jahren an der „Erftruhe“ „beheimatet“, wird hier nicht zuletzt jedes Jahr der neue König ausgeschossen.
„Im kommenden Jahr feiern wir unseren 100. Geburtstag“, sagt uns Bürger-Schützen-Präsident Marcus Odenthal. Zu diesem Anlass soll der Knospenbaum am neuen Standort eingeweiht werden und damit hat die Odyssee des Knospenbaums ein Ende. Die Schirmherrschaft für das Kunstwerk übernehmen die Bürger-Schützen.
Quelle: Erft-Kurier (Nicole Palmieri) vom 16.09.2023 I FOTO: Sandra Schmitz